AYRTON SENNA Da Silva    
                   Erinnerungen an den unsterblichen Champion



Ayrton und Gerhard.
 

Suzuka 1991
 

 

Das Bild der Siegerehrung in Suzuka 1991, als Ayrton Senna Gerhard Berger sozusagen den "Sieg schenkte". Senna lag bis zur letzten Kurve unangefochten in Führung, doch dann geschah das schier außergewöhnliche. Senna ließ Berger auf der Zielgeraden vorbei.  Damals war es für mich unbegreiflich, doch heute weiß ich wie sehr Senna - Berger geschätzt haben muss. Ayrton Senna, der Mann der nur den Sieg im Kopf hatte ließ seinen Teamkollegen gewinnen, und das sicher nicht von den Boxen aus gesteuert, wie es heute so oft der Fall ist. Gerhard Berger war wohl der einzige wirkliche Freund Ayrton´s unter den Formel 1 Fahrern. Denn Beweis bekamen wir in Imola als Ayrton Senna starb. Berger gab das Rennen auf, da er den Unfall Senna´s wohl nicht verarbeiten konnte. Anscheinend hatte Berger eine leise Vorahnung.  (Sennas Tot stand zu dieser Zeit aber noch nicht fest) Das Senna auf der Jacht Bergers in Monaco (und auch sonst wo) oft zu Gast war brauche ich hier wohl nicht zu erwähnen. Die beiden verstanden sich wirklich gut. Gerhard Berger hat in seinem Buch Zielgerade 57 ? Seiten dem Kapitel "Jahre mit Senna" gebackt. Das sagt sicher einiges über die Freundschaft der beiden aus.

Vorwort von Gerhard Berger im Buch von Karin Sturm  -  "Ayrton Senna, Seine Siege - Sein Vermächtnis"

Ich bin ziemlich sicher, das jeder angehende Rennfahrer sich selber für den größten Piloten aller Zeiten hält und sich denkt: Wenn ich nur im richtigen Auto sitzen würde, ich würde allen um die Ohren fahren. Bei mir war das nicht viel anders. Im Frühjahr 1983 ist mein Weltbild ziemlich ins wanken geraten. Bei einem Formel-3-Europameisterschaftslauf bin ich in Silverstone das erste mal auf Ayrton Senna gestoßen. Es hat geregnet, und im Regen war ich immer "sauschnell". Von Senna hatte ich gehört: der absolute Überflieger, das Beste, was je aus Brasilien zu uns gekommen ist, der brennt alles nieder. Ich bin jenseits aller Risikogrenzen gefahren, schneller ging es nicht mehr. In der Trainingsliste stand Senna vor mir, mein Rückstand betrug vier Sekunden. Da habe ich gemerkt, daß es doch noch schneller geht. Jedenfalls habe ich vor dem Kerl von Anfang an einen gehörigen Respekt gehabt.

Er war mir von Beginn an sympathisch, und ich ihm offensichtlich auch. Dies hat uns nicht daran gehindert, uns am Start zu einem Brasilien GP gegenseitig ins Auto zu fahren. So etwas klärt die Fronten: der andere gehört also auch nicht zu denen, die immer nachgeben. Daß unsere sich anbahnende Freundschaft die gemeinsamen drei McLaren Jahre nicht nur überstanden, sondern sich gerade erst dann so richtig entwickelt hat, ist für viele vielleicht nicht nachvollziehbar. In der Formel 1 sollte der  Teamkollege dein größter Feind sein, der Maßstab: Derjenige, an dessen Schwächen du dich festbeißen musst. Den du hassen mußt. Ich habe das nicht zusammengebracht. Ich habe Ayrton durchleuchtet wie sicher kein anderer, habe versucht, ihn auszuloten, sein Geheimnis zu ergründen, von ihm zu lernen, und daraus ist seine einzige Freundschaft  in der Formel 1 entstanden, und meine einzige.

Solange es um Schnelligkeit, Reflexe, Auge und Mut ging, hatte er mir nichts voraus, die Computer Ausdrucke bei McLaren haben das gezeigt. Wir haben uns vom ersten Training an zu neuen Grenzen getrieben. Er ist Bestzeit gefahren, dann bin ich raus und bin wieder neue Bestzeit gefahren. Als mich die Mechaniker zurück an die Box schieben, schau ich rüber zu ihm: Er bitzt mich durch den Visierschlitz an, verdreht die Augen, als wollte er sagen: du Verrückter, jetzt muß ich noch einmal raus.

Nach den Training kommt er, den Ausdruck vom Computer in der Hand, zeigt auf eine gerade Linie, die bedeutet, daß ich die Kurve voll am Gas geblieben bin, und sagt: Du spinnst, wenn du dort rausfliegst, *bist hin*

Der absolut Furchtlose war er nicht. Er war der perfekteste und der konzentrierteste Rennfahrer, die Gesamtheit vom Verstand, Konzentration, Kraft und Speed, gepaart mit einem begnadeten Fahrtalent und der Fähigkeit, in entscheidenden Augenblicken keinen Fehler zu machen. Er hatte den absoluten Überblick, wußte alles, konnte alles. Er war einfach zwei, drei Stufen über uns allen. Jemand, der nicht mit ihm zusammengearbeitet und ihn nicht so gut gekannt hat, wird das nicht glauben wollen. Sicher gibt es jetzt noch viele in der Formel 1, die meinen, sie hätten Senna schlagen können. Ich kann dazu nur sagen: Die Armen haben keine Ahnung, wie weit sie von ihm weg sind. Ich bin froh, dass ich ihn so kennen lernen durfte, um das beurteilen zu können.

Vom Naturell her war Senna ein extrem fleißiger und ehrgeiziger Bursche, das und seine extremen Fähigkeiten haben ihn vielleicht für manche unnahbar gemacht: ein übernatürlicher, den man nicht ins Herz schließen kann. Aber er ist im Laufe der Zeit auch lockerer geworden. Zwischen uns hat sich ein herzlicher "Schmäh" entwickelt, der ihm gefallen hat. Das war etwas völlig neues für ihn. Über die Streiche, die wir uns gespielt haben, ist auf diesen Seiten, bzw. im Buch von Katrin Sturm (sie war eine der wenigen, der Ayrton sein Herz geöffnet und manchmal auch sein Leit geklagt hat) einiges zu lesen. z.B. wenn einige Dutzend Frösche in seinem Hotelzimmer herumgehüpft sind.

Josef Leberer, einer der wichtigsten Menschen in Ayrtons Leben, hat mir vorm Start in Imola eine Geschichte erzählt. Der Sprecher sagte die Startpositionen durch, da gab es Applaus für Senna, und dann großen Applaus für Berger, natürlich wegen Ferrari. Der Sonderapplaus für mich hat Senna richtig erheitert, er hat, so erzählt Josef, bis über beide Ohren gegrinst.  So, mit der Vorstellung dieses Grinsens, seiner vielleicht letzten Gemütsäußerung vor dem Unfall , werde ich Ayrton Senna in Erinnerung behalten.


-- ICH HABE VON IHM VIEL ÜBER SPORT GELERNT -  ER HAT BEI MIR DAS LACHEN GELERNT --


.: Erster Mai 1994 - Der gelbe Helm hat für immer aufgehört zu leuchten :.