Bruno Senna.
© Karin Sturm
Bruno Senna - Ehrgeiz und Talent in
bester Familientradition
Text von
Karin Sturm
In zweieinhalb
Jahren von Null in die GP2-Serie, die Aufsteiger-Klasse
schlechthin vor dem Formel-1-Einstieg, das schaffen nur die
Wenigsten. Und als Bruno Senna im Spätsommer 2004, mit fast 21
Jahren, seine ersten Rennen überhaupt bestritt, in der Formel BMW
in England, da schüttelten viele zweifelnd den Kopf. Das könne doch
nichts mehr werden, da probiere doch nur einer, so zum Spaß ein
bisschen Kapital aus seinem prominenten Namen zu schlagen. Sie
sollten sich täuschen. Denn Bruno Senna, der Neffe des 1994 tödlich
verunglückten Ayrton Senna, trägt nicht nur den gleichen Namen wie
sein Onkel. Und nicht nur die äußerliche Ähnlichkeit mit dem
dreimaligen Weltmeister, auch in Ausdruck und Gestik ist nicht zu
übersehen. Auch in der Einstellung, in der Entschlossenheit, den
eigenen Weg zu gehen, lassen sich Parallelen finden. Trotz der so
unterschiedlichen Ausgangspositionen - völlig anders auch als etwa
bei einem Nico Rosberg oder Nelson Piquet jr.
Denn nach
Ayrton Sennas Tod in Imola 1994 verbot Sennas Schwester
Viviane ihrem Sohn, der immer wieder mit seinem Onkel über die
private Piste auf der Senna-Farm im brasilianischen Tatui getobt
war, erst einmal das Kart fahren: “Die
ganze Familie war dagegen, es ist ja auch irgendwie verständlich,
ich musste das respektieren.“
Acht Jahre lang versuchte er, der dann mit zwölf Jahren auch noch
seinen Vater durch einen Motorradunfall verlor,
“das
Rennfahren zu vergessen, als das endgültig aus dem Kopf zu bekommen
- aber es ging einfach nicht.“
Mit 18 erklärte er seiner Mutter, dass er unbedingt wieder fahren
wolle: “Anfangs
war sie natürlich nicht begeistert, es kam auch ziemlich
überraschen für sie“ - aber nach
einiger Zeit erlaubte sie
es dann doch, “und
inzwischen steht sie voll dahinter. Aber wirklich ernsthaft in einem
Rennauto habe ich erst wieder 2004 gesessen - in der englischen
Formel BMW.“
Familienoberhaupt und Großvater Milton Senna da Silva ist zwar immer
noch alles andere als begeistert - “aber
er muss auch meine Entscheidung respektieren. Und ganz nebenbei: Im
übrigen war er es - und nicht Ayrton - der mich zum ersten Mal in
ein Kart gesetzt hat.“
Und Bruno, dem sein Onkel
schon zu Beginn der Neunziger größtes Talent bescheinigt hatte,
legte im Formel-1-Tempo los. In der zweiten Saisonhälfte 2005 stand
er in der britischen Formel-3-Meisterschaft bereits dreimal auf dem
Podium, holte eine Pole-Position, 2006 gelangen schon fünf Siege und
am Ende der dritte Platz in der Meisterschaft. ‘Und das, obwohl sein
sehr erfahrener Chefingenieur, der auch schon mit Jenson Button oder
Kimi Räikkönen arbeitete, zu Saisonbeginn noch meinte, er schöpfe
mangels Erfahrung überhaupt erst 20 Prozent seines Potenzials aus.
Der Sprung in die GP2-Serie für 2007, zum Arden-Team, mit dem
letztes Jahr Michael Ammermüller ein Rennen gewann, war die logische
Folge. Die ersten Testfahrten dort im Herbst und Winter verliefen
auch gleich viel versprechend. “Ich empfand die Umstellung als
weniger schwierig als mir viele prophezeit hatten.” Gerade im Regen
zeigte er auch da der Konkurrenz schon mehrfach kräftig den Auspuff
- eine besondere Begabung, spezielles Feeling, das offenbar in der
Familie zu liegen scheint.
“Aber das
‘Testen ist eine Sache, die wirkliche Herausforderung kommt
für mich sicher erst bei den ersten Rennen, mit den kurzen
Trainings und Qualifyings, wenn alles auf Anhieb passen muss.” Denn
auch wenn seine Planung auf zwei Jahre GP2 mit Arden ausgerichtet
ist, er will schon auch in der ersten Saison die Formel-1-Teams auf
sich aufmerksam machen. “Wenn ich die entsprechenden Leistungen
bringe, dann werden die Angebote schon kommen”,
ist sich Bruno sicher - zumindest einmal für einen Testvertrag für
2008. Er weiß natürlich, dass sein Name einerseits Türen öffnet,
„aber
der Name Senna ist natürlich auch ein Vermächtnis, er bringt eine
hohe Verantwortung mit sich. Das Problem ist, dass eben sofort der
Vergleich mit Ayrton kommt - vor allem von Leuten, denen gar nicht
bewusst ist, wie wenig Erfahrung ich habe.”
Eines hat er von seinem Onkel auf jeden Fall übernommen: Die
Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit, mit der er seine Aufgabe angeht
- und den Ehrgeiz: “Ich
mache das hier nicht nur zum Spaß. In unserer Familie macht niemand
halbe Sachen. Was wir machen, das wollen wir perfekt machen.”
Und das Ziel ist auch nicht nur, einfach in der Formel 1 anzukommen:
“Das wäre mir zu wenig.
Ich will dort dann auch gewinnen -
und Weltmeister werden…”
© Steffi Kache
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